Beim Kauf und Verkauf ihrer Immobilie haben viele Menschen Schwierigkeiten, einen angemessenen Wert zu ermitteln. Zu viele Faktoren spielen in den Marktwert hinein. Dazu zählen die Lage, die Substanz, die Größe der Immobilie, das Grundstück, Mieteinnahmen, Bewirtschaftungskosten und viele weitere Punkte.
Es gibt jedoch eine Überschlagsrechnung, die viele Makler und Immobilieninvestoren nutzen: die Maklerformel. Diese ermittelt den Kaufpreis und steht – bei Mietimmobilien – im engeren Zusammenhang mit der zu erwartenden Brutto-Rendite. Wenn Sie sich auf dem Immobilienmarkt aktiv umsehen oder Ihre Wohnung bzw. Ihr Haus veräußern möchten, sollten Sie diese Begriffe und ihre Bedeutung kennen: Maklerformel, Vervielfältiger und Faktor.
Speziell Makler nutzen gern eine nach ihnen benannte Formel, um den ungefähren Marktwert einer Immobilie zu ermitteln. Dabei handelt es sich um eine vereinfachte Form des Ertragswertverfahrens, eine Berechnung zur Ermittlung des Immobilienwertes.
Wenn Sie diesen Begriff hören, sollten Sie das Ergebnis aus dieser Berechnung einordnen können. Die Maklerformel lautet:
Nettomieteinnahmen ÷ Kapitalisierungszins = Immobilienwert
Diese Gleichung beruht auf Annahmen oder tatsächlichen Zahlen. Die Nettomieteinnahmen sind die Immobilienerträge, die nach Abzug der Bewirtschaftungskosten übrigbleiben. Bewirtschaftungskosten sind auf die Mieter umgelegt. Folglich handelt es sich um die Nettokaltmiete. Bei Eigenheimen ist eine ortsübliche Vergleichsmiete anzusetzen.
Der Kapitalisierungszins ist der um das durch das Objektrisiko angepasste Basiszinssatz. In der Regel ist hier der aktuelle Immobilienkreditzins heranzuziehen und zu modifizieren. Der Wert fällt durch Berücksichtigung des Risikos im gewissen Umfang höher aus – je nach Zustand und Besonderheiten des Objekts. Bei typischen Wohnimmobilien liegt dieser in der gängigen Annahme bei 4 % bis 6 % oder bei guten Zinskonditionen etwas niedriger.
Das Ergebnis der Formel soll den ungefähren Marktwert der Immobilie widerspiegeln. Dabei sind jedoch mehrere Besonderheiten zu berücksichtigen:
Die Ermittlung des ungefähren Marktwertes einer Immobilie könnte wie folgt aussehen: Ein durchschnittliches Mehrfamilienhaus mit drei Wohnungen bringt eine Jahresmiete von 23.400 Euro ein. Der Kapitalisierungszins wird durch einen niedrigen Kreditzins und einem geringen Risiko mit 3,9 % angenommen. Daraus ergibt sich die Berechnung:
23.400 Euro ÷ 3,9 % = 23.400 Euro ÷ 0,039 = 600.000 Euro
Der ungefähre Marktwert liegt also bei 600.000 Euro. Schon bei einer um nur 100 Euro höheren Monatsmiete ergibt sich ein Wertzuwachs von über 30.000 Euro. Bei einem um 0,6 Prozentpunkte höheren Kapitalisierungszins verringert sich der Wert dagegen um ca. 53.000 Euro. Sie sollten daher die einzelnen Variablen der Berechnung sehr gründlich ermitteln. Denn Abweichungen oder Fehlannahmen können fatal sein.
Aus der Maklerformel lässt sich ein noch einfacheres Verfahren ableiten, das speziell für Mietobjekte interessant ist. Wenn Sie den festgelegten Verkaufspreis einer Immobilie durch die Nettomieteinnahmen teilen, erhalten Sie den sogenannten Faktor oder Vervielfältiger. Bei dem Beispiel oben würde das wie folgt aussehen:
600.000 Euro ÷ 23.400 Euro = 25,64
Das Ergebnis aus dieser Formel ist eine Dauer in Jahren. Diese Spanne zeigt Ihnen, nach welcher Zeit Sie Ihre Investitionskosten für eine Mietimmobilie wieder verdient hätten und Gewinne machen würden. Würden Sie also diese Beispielimmobilie kaufen, müssten Sie 25,64 Jahre warten, bis sich für Sie der Kaufpreis amortisiert.
Achtung: Diese Rechnung lässt Kaufnebenkosten wie Maklergebühren und Notarkosten unberücksichtigt! In einer individuellen Betrachtung sollten Sie diese Kosten berücksichtigen. Ebenso fließen Mietänderungen, steuerliche Abschreibungen und zukünftige Wertveränderungen nicht in die Berechnung ein.
In der Praxis läuft es anders meistens herum: Makler und Verkäufer geben einen Faktor an wie zum Beispiel 17, 20 oder bei dem oben genannten Beispiel 25 bzw. 26. Dieser Faktor ist der Vervielfältiger der Mieteinnahmen, aus dem der Kaufpreis durch Multiplikation ermittelt wird. Der Vervielfältiger basiert dabei in der Regel auf regionale Vergleichs- und Erfahrungswerte.
Sowohl der Faktor bzw. Vervielfältiger als auch die Maklerformel sind auf dem Immobilienmarkt gern genutzt Größen für eine vereinfachte Wertermittlung. Wichtig dabei: Die Lage, Bausubstanz, der Modernisierungszustand, das Grundstück und viele weitere Details sind darin nicht oder nur sehr unzureichend abgedeckt.
Mit dieser Erkenntnis können Sie als Kaufinteressent (und Verkäufer) sehr gut rechnen. Wenn Sie einen mathematischen Blick haben, wird Ihnen der springende Punkt bereits ins Auge fallen: Beide Berechnungen hängen auch abseits des Immobilienwertes unmittelbar zusammen.
Das Ergebnis in Anzahl der Jahre aus der zweiten Berechnung ist der rechnerische Kehrwert des Kapitalisierungszinses aus der Maklerformel. 1/25,64 sind 0,039 oder anders ausgedrückt 3,9 Prozent. Bei einem Faktor von 25 wären es 4 %, bei einem von 20 wären es 5 % und bei einem von 17 wären es rund 5,8 %.
Hinter dem Zusammenspiel aus Maklerformel und Faktor versteckt sich daher noch eine weitere wichtige Größe für den Käufer: Die Brutto-Rendite. Der Kapitalisierungszins entspricht der erwarteten Brutto-Rendite. Diese ist zur Einschätzung des Kaufpreises wichtig. Denn die Rechnung enthält zwar mit der Risikoeinschätzung einen Kapitalisierungszins. Dieser ist aber nicht identisch mit den prozentualen Kreditkosten für den Immobilienkredit. Vielmehr beinhaltet er wie beschrieben einen Risikoaufschlag für Lage, Zustand des Objekts usw.
Beide Werte sollten Sie vor einen Kauf in Bezug setzen. Vergleichen Sie Ihre prozentualen Kreditkosten aus Zinsen und Tilgung mit der ermittelten Brutto-Rendite bzw. dem Kapitalisierungszins der Maklerformel. Dieser sollte niedriger sein als ihre persönlichen prozentualen Kreditkosten. Liegt ihr persönlicher von der Bank in Aussicht gestellter Satz über dem Kapitalisierungszins, zahlen Sie Monat für Monat mehr, als Sie durch die Miete einnehmen. Liegt er dagegen niedriger, erzielen Sie einen Überschuss, den Sie für Instandhaltungsmaßnahmen, Sondertilgungen, als Rücklage oder zur freien Verfügung nutzen können.
Konkret bedeutet dies für das oben genannte Beispiel: Sie sollten diese Immobilie nur dann kaufen, wenn ihre Kosten inklusive Tilgung für den Immobilienkredit unter dem angenommenen Kapitalisierungszinssatz von 3,9 % liegen. Je niedriger der Satz ist, desto höher ist ihre Netto-Rendite.
Wichtig: Dieser Rendite-Vergleich gilt insbesondere für vermietete Immobilien. Als Käufer sollten Sie niemals bei laufenden Kosten draufzahlen. Wenn Sie jedoch das Haus oder die Wohnung selbst beziehen möchten, gilt diese Rechnung nur bedingt. Sie haben durch den Vergleich aber einen guten Anhaltspunkt, ob der Kaufpreis zu hoch oder attraktiv ist.
Der Faktor bzw. Vervielfältiger und auch der Kapitalisierungszins in der Maklerformel sind nur ungefähre Anhaltspunkte. Gute Makler und Experten mit hervorragenden Kenntnissen des lokalen Marktes kommen mit ihrer Berechnung aber dennoch sehr nahe an den tatsächlichen Wert einer Immobilie. Nicht zuletzt sind es lokale Vergleichswerte und Erfahrungswerte, die Maklerformel und Vervielfältiger-Rechnungen attraktiv machen.
Eine genauere Preiskalkulation basiert auf einem umfassenden Wertermittlungsverfahren, einem sogenannten Wertgutachten. Dieses berücksichtigt deutlich mehr Faktoren. Auf dem freien Immobilienmarkt sind solche Wertgutachten vor allem bei Versteigerungen üblich. Beim Verkauf über Makler oder bei direkten privaten Verkäufen dominiert jedoch die Ermittlung des Kaufpreises anhand der Maklerformel oder mit der Faktor-Rechnung.
Damit Sie die Preise besser einschätzen können, orientieren Sie sich am Zusammenspiel der Variablen. Es gilt: Je höher das Risiko (= Kapitalisierungszinssatz) und je schlechter die Lage ist, desto niedriger sollten Faktor und Kaufpreis sein. Je niedriger das Risiko und je besser die Lage, desto höher werden Faktor und damit Kaufpreis ausfallen. Achten Sie dabei auf lokale Vergleichswerte für ähnliche Immobilien. Bedenken Sie außerdem, dass es sich nur um ungefähre Richtwerte handelt, die viele Details außer acht lassen. Wenn Sie den Ergebnissen der Maklerformel nicht trauen, geben Sie ein genaues Wertgutachten in Auftrag. Das schafft etwas mehr Sicherheit, ist aber kostenpflichtig.