Für viele Menschen sind Immobilien nicht nur eine Altersvorsorge. Sie stehen für ein selbstbestimmtes Leben in einem eigenen Haus oder einer eigenen Wohnung. Speziell Paare malen sich das in schönen Bildern aus: Gemeinsam eine Traumimmobilie bewohnen und bis ins Alter glücklich sein. Der klassische Traum vom Eigenheim. Doch dann kommt es zu Streit. Manchmal steht am Ende eine Scheidung an. Mit einer solchen Trennung ändert sich nicht nur die zwischenmenschliche Beziehung. Auch das Vermögen ist betroffen. Das gilt ganz speziell für Immobilien. Denn diese haben einen enormen Wert. Häufig kommt es daher um Wohnungen und Häuser zu einem erbitterten Streit.
Wenn Sie kurz vor der Scheidung stehen oder sich absichern möchten, haben Sie dazu Fragen. Was passiert bei einer Scheidung mit Ihrer Immobilie? Wer erhält Wohnung oder Haus? Müssen Sie den anderen Partner auszahlen? Was passiert mit dem Immobiliendarlehen? Wie lässt sich eine Zwangsversteigerung verhindern?
Kommt es zu einer Scheidung, verläuft diese häufig nicht besonders harmonisch. Die Gründe für die Trennung führen zu Auseinandersetzungen auf Nebenschauplätzen und beide Seiten kämpfen teilweise erbittert um ihre Rechte. Hinzu kommt bei Immobilien eine emotionale Komponente: Haus oder Wohnung sind häufig Heimat und vielleicht sogar das eigene Elternhaus oder das Haus der Kinder. Daher fühlen sich die Beteiligten dem Objekt verbunden und möchten sich dieses auch für die Zeit nach der Trennung sichern.
Vor diesem Hintergrund ist es schwierig, objektiv und einvernehmlich über einen finanziellen Ausgleich zwischen beiden Partnern zu entscheiden. Dennoch ist genau das ein wesentlicher Punkt bei der amtlichen Trennung. Da Immobilien schnell einen sechsstelligen Wert erreichen können, rücken sie in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung. Da sich Wohnungen und Häuser nur schwer teilen lassen, ist in der Regel ein Wertausgleich zu ermitteln, der sich aus dem sogenannten Zugewinnausgleich ergibt.
Es gibt zwei Wege, eine Auseinandersetzung bei einer Scheidung zu vermeiden. Der eine ist, eine Gütertrennung zu vereinbaren. Der andere Weg ist, eine Scheidungsfolgenvereinbarung zu unterzeichnen. Darin können Partner schon bei der Hochzeit oder später Details vereinbaren, wie Sie bei der Trennung vorgehen und das Vermögen aufteilen möchten.
Der typische Fall ist aber, dass solche Vereinbarungen nicht vorliegen. Dann müssen sich beide Partner gerichtlich oder außergerichtlich einigen. Häufig stellt eine Seite einen Antrag auf Zugewinnausgleich. Dieser führt zu einer Vermögensaufstellung und zu einer Ausgleichszahlung.
Rechtsgrundlage: Beide Partner bilden laut § 1363 des Bürgerlichen Gesetzbuches eine Zugewinngemeinschaft. Diese endet mit der Scheidung. Demnach wird das Vermögen während der Ehe bzw. eingetragenen Partnerschaft nicht vergemeinschaftet, aber die Zuwächse sind bei einer Scheidung auszugleichen.
Beim Zugewinnausgleich handelt es sich um eine Betrachtung der Vermögenswerte. Beide Partner stellen den Zuwachs an Vermögen (Geld, Sachwerte usw.) fest, den sie während der Zeit der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft generiert haben. Die jeweiligen Summen werden beim Zugewinnausgleich gegenübergestellt. Der schwächere Partner kann die Hälfte der so ermittelten Differenzsumme als Ausgleich verlangen.
Noch einmal zur Verdeutlichung: Sie betrachten nur die Veränderung Ihres Vermögens während der Ehe bzw. eingetragenen Partnerschaft. Es geht nicht um Ihr aktuelles reales Gesamtvermögen!
Hinweis: Für Ehen, die noch in der DDR geschlossen wurden, sieht der Gesetzgeber eine Abweichung vor. Hier ist der Startpunkt der Berechnung nicht der Hochzeitstag. Es ist der Termin des Beitritts der ostdeutschen Länder zur Bundesrepublik, also der 3. Oktober 1990.
Gehören Immobilien zu Berechnung des Vermögenswertes, ist eine Frage von zentraler Bedeutung: Wer ist Eigentümer und im Grundbuch eingetragen? Denn die Eigentumsverhältnisse haben einen großen Einfluss auf die Frage, wie die Immobilie in den Zugewinnausgleich einfließt und wer die Immobilie erhalten kann.
Achtung: Selbst wenn Sie alleiniger Eigentümer sind, dürfen Sie während der Scheidungsphase Ihr Vermögen nicht ohne Zustimmung des Partners verkaufen. Denn Sie würden dadurch eine Beurteilung des Wertzuwachses erschweren oder verhindern. Ebenso kann ein Gericht verfügen, dass bis zur endgültigen Scheidung nur Ihr Partner in Ihrer Immobilie ein Wohnrecht hat.
Die Tragweite von Immobilien bei einer Scheidung und für den Zugewinnausgleich verdeutlicht eine Beispielrechnung. Sie haben ein Haus in die Ehe eingebracht, das einen Wert von 200.000 Euro hatte. Dieses Objekt hat aber am Tag des Scheidungsantrags einen Wert von 260.000 Euro. Nun müssten Sie ohne Berücksichtigung weiterer Vermögenswerte die Hälfte der Wertdifferenz an den Partner auszahlen. Das wären für dieses Beispiel 30.000 Euro. Nun wird auch das Problem des Immobilienwertes offensichtlich. Denn solche Summen sind häufig nicht ohne Zugriff auf andere Vermögenswerte oder ein weiteres Darlehen aufzubringen.
Ein weiteres Problem kann es geben, wenn Sie während der gemeinsamen Zeit das Objekt saniert oder modernisiert haben. Dann steigt zum einen der Wertzuwachs. Zum anderen ist zu prüfen, wer welchen Anteil an den Arbeiten finanziert hat. Auch das wird gegebenenfalls berücksichtigt. Dadurch wird die recht einfache Vermögensaufstellung möglicherweise sehr kompliziert.
Um den aktuellen Immobilienwert festzustellen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Sie den aktuellen Marktpreis durch einen Preisvergleich oder Marktbeobachtung ermitteln. Genauer sind jedoch Berechnungen, die neben dem allgemeinen Marktgeschehen den örtlichen Bodenrichtwert sowie Lage und Substanz bzw. Zustand und die Ausstattung berücksichtigen.
Sollte es zu einer rechtlichen Auseinandersetzung kommen, kann das Gericht ein Sachverständigengutachten zur Ermittlung des Verkehrswertes in Auftrag geben. Dem können Sie vorgreifen oder eigene Kalkulationen anführen. Im Zweifelsfall werden die Gegenseite und das Gericht offiziellen Berechnungen den Vorrang geben.
Liegt auf der Immobilie noch eine Restschuld, reduziert diese den Vermögenswert. Das heißt: Schulden sind vom Wert abzuziehen, bevor sie in den Zugewinnausgleich einfließen. Aber Achtung: Durch die über die Jahre reduzierte Schuldenlast steigt Ihr Nettovermögen an. Zahlen Sie beispielsweise in fünf Jahren Ehe 30.000 Euro Schulden ab, steigt bei sonst konstanten Parametern Ihr Vermögen um diesen Betrag und ist beim Zugewinnausgleich zu berücksichtigen!
Liegt auf der Immobilie noch eine Hypothek, kann das für beide Partner Folgen haben. Denn bei einer Eheschließung verlangen viele Banken zur Absicherung der Restschuld, dass auch der Partner in den Darlehensvertrag als Schuldner aufgenommen wird.
Ist eine solche Konstellation gegeben, haften unabhängig von der Eigentumsfrage beide Partner für den Restkredit. Die Bank wäre sogar berechtigt, nur einen der Partner zur Zahlung heranzuziehen – auch den, der nicht im Grundbuch eingetragen ist! Daher sollten die Namen unter dem Kreditvertrag immer auch die Namen sein, die im Grundbuch als Eigentümer angegeben sind.
Achtung: Sollte der Darlehensvertrag durch die Scheidung auf einen Namen geändert werden, bedingt dies meistens eine Umschuldung. Dabei berechnen die Banken für die entgangenen Zinsen eine Vorfälligkeitsgebühr für den alten Kredit. Das kann im Einzelfall zu einer finanziellen Zusatzbelastung führen. Ist diese kein Bestandteil der Scheidungsvereinbarung, muss der Eigentümer dafür aufkommen.
Die Scheidung kann darüber hinaus weitere Folgen haben. Bis zur Klärung der Eigentumsverhältnisse sind bei einem gemeinsamen Kreditvertrag beide Partner für die Rückzahlung verantwortlich. Weigert sich eine Seite, kann das zu unregelmäßigen Zahlungen bis hin zur Zwangsversteigerung führen.
Eine weitere Gefahr ist die Scheidung für einzelne Darlehensnehmer. Mit der Trennung können sich die finanziellen Möglichkeiten zum Beispiel durch eine Unterhaltspflicht deutlich verändern. Möglicherweise sind sogar die Kreditraten nicht mehr zu bedienen. Auch hier kann eine Zwangsversteigerung drohen.
Sofern die Immobilie bei einer Scheidung Ihnen allein gehört, bleibt diese in Ihrem Besitz. Sie können aber gezwungen sein, Ausgleichszahlungen zu leisten. Das kann zu einer erheblichen Belastung führen. Zusatzkredite oder Umschuldungen können ein guter Ausweg sein. Als letzte Option bleibt der Verkauf des Objekts.
Deutlich komplizierter wird es, wenn es sich um eine gemeinsame Wohnung oder ein gemeinsames Haus handelt. In diesem Fall ist im Scheidungsverlauf über die weitere Nutzung zu entscheiden. Folgende Optionen gibt es:
Es ist für Immobilienbesitzer sinnvoll, sich bereits vor oder während einer Ehe Gedanken um eine mögliche Scheidung zu machen. Niemand denkt gern an eine Trennung. Aber bei Immobilien und anderen Vermögenswerten ist es ratsam, dass beide Seiten frühzeitig durch Regelungen einem Streit vorbeugen. Das sichert Vermögenswerte und verhindert letztlich einen erforderlichen Verkauf unter Wert. Sinnvoll kann zum Beispiel eine Scheidungsfolgenvereinbarung sein, die den Umgang mit einer Immobilie bei einer Trennung regelt. Denn in guten Zeiten lassen sich leichter gerechte Einigungen erzielen als in einer Trennungsphase.