Der Wohnraum ist knapp, die Mieten steigen. In einigen Familien ist es daher üblich, die Immobilien an Verwandte zu vermieten – zu einem Freundschaftspreis. Vielleicht haben Sie darüber auch schon nachgedacht. Denn Sie erhalten als Vermieter dann zwar weniger Einnahmen, können aber dennoch die kompletten Ausgaben und Abschreibungen ansetzen. So verschaffen Sie sich einen Steuervorteil.
Die Tücke steckt jedoch im Detail. Wenn Sie nicht aufpassen, können Sie einen Nachteil erleiden. In diesem Artikel erklären wir Ihnen, was Sie beachten sollten, wenn Sie Ihre Immobilie an ihre Eltern, Kinder, anderen nahen Verwandten oder gar Bekannte vermieten möchten. Sie erfahren, welche Steuervorteile Sie haben und wie Sie Nachteile vermeiden.
Ein Mietverhältnis mit einem Familienmitglied bedingt sehr häufig, dass Vermieter auf einen Teil der erzielbaren Entgelte verzichten. Wenn Sie selbst an einen Verwandten vermieten möchten, reduzieren Sie daher in der Regel die Nettokaltmiete deutlich. Dadurch entsteht bei richtiger Handhabung sogar ein steuerlicher Vorteil. Sie können sozusagen einem Ihnen nahen Menschen eine Freude machen und zugleich noch Steuern sparen. Aber: Es gibt eine Grenze von 50 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete.
Hinweis: Es ist unerheblich, an wen Sie vermieten. Es muss kein Familienmitglied sein, die Mechanismen gelten auch für Mietverhältnisse zwischen Ihnen und nahen Bekannten.
Wenn Sie einen geringeren Preis als die ortsübliche Miete ansetzen, sparen Sie Steuern. Denn Sie verzichten auf Einnahmen, können aber zugleich die vollen Ausgaben als Werbungskosten geltend machen und außerdem die Abschreibungen in voller Höhe nutzen. Das gilt unter den Vorbehalt, dass Sie es nicht übertreiben. Denn die 50-Prozent-Regel ist ein wichtiger Aspekt, den auch das Finanzamt prüft.
Um sich den Steuervorteil zu verdeutlichen, ist ein Blick auf die Versteuerung von Mieteinnahmen sinnvoll. Als Vermieter fließen Einnahmen aus Immobilien ganz normal in Ihre Einkommensteuererklärung. Zugleich können Sie Ausgaben wie Teile der nicht auf die Mieter umlegbaren Betriebskosten als Werbungskosten geltend machen. Außerdem profitieren Sie von einer jährlichen Abschreibung nach AfA, bei der Sie je nach Immobilie 2 bis 2,5 Prozent des Wertes für sich steuermindernd geltend machen können.
Sinken nun die Einnahmen durch geringere Mieteinnahmen, haben Sie weniger zu versteuern. Das ist aber nicht alles. Denn der Trick ist: Es ist Ihnen erlaubt, sowohl die Ausgaben als auch die Abschreibung weiterhin in voller Höhe heranzuziehen.
Allerdings sieht bei solchen „Steuersparmodellen“ mit Verwandten und Bekannten das Finanzamt sehr genau hin. Wie hoch die Miete wirklich sein darf, hat der Bundesfinanzhof in einem Urteil (10.05.2016, IX R 44/15) entschieden. Dort setzte das Gericht die minimale Höhe bei zwei Drittel der örtlichen Vergleichsmiete fest. Alles, was darunter liegt, sei demnach eine Liebhaberei und rechtfertige nicht mehr den vollen Abzug durch Ausgaben und Abschreibungen.
Inzwischen ist diese Grenze per Gesetz auf 50 Prozent der örtlichen Vergleichsmiete gesenkt worden. Das bedeutet ganz konkret: Wenn Sie einem Bekannten oder Verwandten weniger als die Hälfte der örtlichen Vergleichsmiete berechnen, entfallen die Vorteile.
Die Regel ist im Einkommensteuergesetz (EStG) festgehalten. Dort heißt es in § 21 Abs. 2:
„Beträgt das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 50 Prozent der ortsüblichen Marktmiete, so ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen.“
Die prozentuale Differenz zwischen der tatsächlich gezahlten Summe und der örtlichen Vergleichsmiete ist der unentgeltliche Anteil. Für diesen Anteil müssen Sie analog Ihre Ausgaben in der Steuererklärung reduzieren. Es lohnt sich dann nicht mehr, an Verwandte zu vermieten.
Bei Beträgen über dieser Grenze ist eine solche Aufteilung nicht erforderlich. Allerdings gibt es noch eine Grauzone zwischen 50 Prozent und 66 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete.
Erst wenn Sie wenigstens zwei Drittel dieses Betrages als Miete verlangen, sind Sie auf der sicheren Seite. Denn im folgenden Satz an gleicher Stelle des EStG heißt es:
„Beträgt das Entgelt bei auf Dauer angelegter Wohnungsvermietung mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Miete, gilt die Wohnungsvermietung als entgeltlich.“
Achtung: Bei diesen Grenzen handelt es sich stets um die für die Warmmiete. Betriebskosten und Heizkosten sind nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs Bestandteil der Betrachtung, sofern diese Posten direkt zwischen Vermieter und Mieter abgerechnet werden.
Aus der Vorgabe des Einkommensteuergesetzes folgen mehrere Szenarien. Denn niemand verbietet Ihnen, Menschen kostenlos oder besonders günstig Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Ebenso kann aber das Finanzamt bei Mieten in Höhe von zum Beispiel 55 Prozent der Vergleichsmiete genauer hinsehen. Daraus ergeben sich mehrere typische Fälle.
Sollten Sie als Vermieter einem Angehörigen gegenüber unterhaltspflichtig sein, gibt es eine besondere Konstellation. Ist die erlassene Miete ein Teil des Unterhalts, wird die gesetzliche Grenze so weit unter die 50 Prozent gesenkt, bis der entsprechende Betrag eingerechnet ist. Sie können dann also auch entsprechend weniger als die Hälfte verlangen, ohne den Steuervorteil der vollen Absetzbarkeit zu verlieren.
Ein weiterer Sonderfall ist eine möblierte Wohnung. In einem solchen Fall sind die Möbel Teil der Miete. Es gilt daher nicht die ortsübliche Vergleichsmiete für unmöblierten Wohnraum. Vielmehr werden Objekte mit vergleichbarer Einrichtung herangezogen. Fehlen diese, kann das Finanzamt das Überlassen der Möbel aus der Miete herausrechnen. Dadurch sinkt diese – möglicherweise auch unter die 50-Prozent-Grenze.
Für das Finanzamt ist die örtliche Vergleichsmiete eine entscheidende Größe bei der steuerlichen Betrachtung von Vermietungen an Verwandte und Bekannte. Doch wie wird die örtliche Vergleichsmiete berechnet? Es gibt verschiedene Wege:
Im Einzelfall kann das Finanzamt die Vergleichsmiete anzweifeln. Das betrifft insbesondere die Ermittlung über inserierte vergleichbare Objekte. Nutzen Sie daher aktuelle und vergleichbare Angebote und archivieren Sie die Inserate.
Wenn Sie an Verwandte oder Bekannte vermieten möchten, sollten Sie immer einen ordentlichen Mietvertrag abschließen. Zum einen sichern Sie sich gegen typische Probleme zwischen Mieter und Vermieter ab. Diese können auch im engsten Familienkreis vorkommen und speziell dann besonders stark eskalieren.
Zum anderen sichern Sie sich gegenüber dem Finanzamt ab. Denn Sie haben einen Nachweis über alle Details der Vermietung und machen sich deutlich weniger angreifbar. Die folgenden Punkte sollten Sie dabei berücksichtigen:
Wie Sie auch immer vorgehen: Behandeln Sie Ihre Verwandten und Bekannten wie einen richtigen Mieter. Das ist der erste Schritt, um Ärger mit dem Finanzamt aus dem Weg zu gehen. Setzen Sie außerdem die Miete hoch genug an, um Interpretationsspielraum zu nehmen und Grauzonen zu vermeiden. Dann vereinen Sie einen Freundschaftsdienst mit einem Steuervorteil.
Wenn Sie dagegen einem Ihnen nahestehenden Menschen vor allem finanziell unterstützen möchten, gibt es viele andere Wege. Das muss nicht mit einer auffällig niedrigen Miete für eine Wohnung oder ein Haus sein.